Transkript – Eine Minute für Inklusion
Constantin Grosch:
Mein Name ist Constantin Grosch und ich freue mich, Sie auf der INKLUSIVA.digital begrüßen zu dürfen.
Was bedeutet Inklusion?
Inklusion bedeutet für mich, dass wir die Teilhabe von allen Menschen in unserer Gesellschaft maximieren und die Bedürfnisse von all diesen Menschen bestmöglich versuchen zu erfüllen.
Aber wie genau kriegen wir das eigentlich hin? Das ist die entscheidende Frage, die uns in diesen Tagen beschäftigen sollte. Und dabei möchte ich auf ein Inklusions-Paradoxon hinweisen.
Denn wir alle sagen immer wieder, es fängt in den Köpfen der Menschen an, und dort müssen die Barrieren und Vorurteile abgebaut werden. Aber wie schaffen wir das?
Wir schaffen das nur durch Begegnung miteinander, so wie z.B. hier auf der INKLUSIVA. Aber diese Begegnung setzt etwas voraus, setzt nämlich Barrierefreiheit, Zugänglichkeit und Offenheit voraus. Diese beiden Dinge bedingen sich also gegenseitig. Ohne Barrierefreiheit keine Begegnung und damit auch kein Abbau von Vorurteilen. Aber ohne einen offenen Geist und tatsächliche Barrierefreiheit können wir das eben gar nicht herstellen.
Ich hoffe, wir kommen in den nächsten Tagen hier ins Gespräch, und ich freue mich auf Sie alle.
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Jan Zimmermann:
Inklusion bedeutet für mich die vollständige Gleichstellung, Integration und Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung, chronischen Krankheiten oder jeglicher körperlicher Einschränkung. Das bedeutet auch, dass Inklusion also augenscheinlich deutlich mehr ist als lediglich die Rampe für einen Rollstuhlfahrer oder eine Rollstuhlfahrerin auszufahren, damit diese öffentliche Verkehrsmittel besser betreten kann.
Inklusion kann beispielsweise auch bedeuten, sich mit Krankheitsbildern, die gegebenenfalls auch seltener vorkommen, besser auseinanderzusetzen, damit man besser auf die Bedürfnisse der jeweiligen Person eingehen kann.
Im Weiteren ist das Thema Antidiskriminierung natürlich auch ein sehr wichtiges Thema, und zwar dass Menschen die eine Behinderung, chronische Krankheit oder eine körperliche Einschränkung haben, auch keiner Diskriminierung, vor allem auch nicht im gesellschaftlichen oder beruflichen Bereich ausgesetzt sind. Da diese Dinge leider nach wie vor viel zu häufig passieren.
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Carina Kühne:
Inklusion bedeutet für mich, dass es keine Ausgrenzung mehr gibt, und dass alle Menschen in unserer Gesellschaft so akzeptiert werden wie sie sind, mit allen Stärken und Schwächen.
In einer inklusiven Gesellschaft brauchen wir auch keine Sondereinrichtungen mehr und alle Menschen sollen von der Kindheit an bis hin ins Erwachsenenalter gemeinsam leben und lernen. Also im Kindergarten, in der Schule, im Freizeitbereich, im Arbeitsbereich und auch im Wohnbereich darf niemand ausgeschlossen werden, und dann entstehen gar nicht erst Barrieren in den Köpfen.
Leider gibt es halt immer noch zu viele Vorurteile und zu wenig Diversität und Fachleute entscheiden über und nicht mit den betroffenen Menschen und man schaut dann immer noch auf die Defizite, was man nicht kann und sondert aus. Die Wertschätzung fehlt uns einfach.
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Eltern-Initiative Rhein-Neckar:
– Hallo ich bin Kirsten Ehrhardt
– Hallo ich bin Holger Wallitzer-Eck. Wir sind von der Elterninitiative Rhein-Neckar – „Gemeinsam leben – gemeinsam lernen“.
Seit über 30 Jahren setzen wir uns für Inklusion ein, für das gemeinsame Aufwachsen von Kindern mit und ohne Behinderung, für alle Kinder und natürlich für unsere eigenen Kinder.
– Und das gilt natürlich auch in Coronazeiten. Corona kann nicht dafür benutzt werden, jetzt Inklusion wieder zurückzufahren, wieder mehr auf Trennung zu setzen, sich nicht weiter für eine Gesellschaft für ALLE einzusetzen. Denn Inklusion hilft uns allen. Inklusion ist für alle wichtig als Lebensqualität. Und in diesem Sinne viele Grüße von Heidelberg nach Mainz.
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Gracia Schade:
Mein Name ist Gracia Schade. Ich bin Mitarbeiterin des ZsL Mainz e.V.
Inklusion ist alternativlos. Jeder Mensch, unabhängig von Behinderung, Herkunft, Alter, sexueller Identität, sozialem Status oder vieler anderer Merkmale hat es verdient, dass man ihm mit Respekt und Wertschätzung begegnet. Vom Gesetz her stehen allen Menschen die gleichen Rechte zu. Sich von vorgefertigten Bildern im Kopf zu lösen, ist möglich. Man kann seine Vorbehalte, Ängste vor dem Ungewissen, vor dem Neuen abbauen. Lasst uns neugierig sein auf die Vielfalt und die damit verbundene Kreativität. Inklusion bedeutet Lösungen zu finden, damit alle Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, gleichberechtigt.
Inklusion ist ein Prozess, keine Autobahn, eher eine Bergstraße mit vielen Kurven. Lasst uns Etappenziele einplanen. Wahlfreiheiten zu schaffen ist ein Etappenziel davon. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir nicht mehr diskutieren, wem welche Rechte zustehen oder welche Ressourcen, beispielsweise wie medizinische Behandlungen.
Es darf nicht sein, dass Menschen mit Behinderungen von Behandlungen ausgeschlossen werden, wenn Ressourcen knapp sind. Nur weil sie eine Behinderung haben, und andere entscheiden, dass deren Leben weniger lebenswert ist als das von Menschen ohne Behinderung.
Inklusion heißt auch Mut haben, mal was Neues auszuprobieren, und keine Scheu, es zu verändern, falls es nicht gleich gelingt.
Jeder Mensch ist anders, daher gibt es kein Patentrezept für Inklusion.
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Max und Cristina:
– Wir sind Max
– und Cristina. Und zusammen sind wir
– Brittlebonesking
– Für uns bedeutet Inklusion, dass jede Person am Leben teilhaben kann und die gleichen Rechte hat.
Wir finden Inklusion wichtig, weil es keine Unterschiede in der Gesellschaft geben sollte, und niemand wegen seines Seins benachteiligt oder diskriminiert werden darf.
– Jede Person soll für sich selbst entscheiden dürfen, wie sie ihr Leben gestalten möchte. Wir finden, dass wir von Inklusion noch weit entfernt sind, weil es noch Menschen gibt, die nicht inklusiv handeln.
Außerdem gibt es zu wenig barrierefreie Möglichkeiten, wie z.B. barrierefreien Wohnraum.
– Wir setzen uns auf Instagram, TicToc und Youtube dafür ein, dass es für alle Personen selbstverständlich ist,
– dass Menschen mit Behinderung auch mit Menschen ohne Beeinträchtigung eine Beziehung führen können,
– und nicht als Pflegekraft oder Familienangehörige gesehen werden
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Jenny Bießmann:
Inklusion bedeutet für mich, dass Menschen mit Behinderung wie ich auch die weite Welt sehen können, reisen können. Das bedeutet für mich, dass unbedingt die Flugzeuge noch barrierefreier gestaltet werden müssen, dass man als Rollstuhlfahrer*in auf Toilette kommt. Im Idealfall sogar, dass man mit seinem Rollstuhl in den Flieger fahren kann und nicht mehr umgesetzt werden muss.
Und natürlich auch der weitere Schritt, wenn man dann am Urlaubsort ist, dass auch die Hotels barrierefrei gestaltet sind, so dass Pflegebetten vorhanden sind, Lifta aber auch Lifta in den Pool oder auch am Strand, dass es Beach-Rollis gibt. Genau, also wie man sieht, ist noch ganz viel zu tun für eine inklusive Gesellschaft, sowohl in Deutschland, aber auch weltweit. Und ich hoffe, einen Teil dafür beitragen zu können.
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Christian Weis:
– Hi, ich bin Christian Weis. Vor dem Schlaganfall war ich selbständig als Architekt. Heute berate beim ZsL zum barrierefreien Bauen, auch bei Sanierung und Umbau.
Inklusion heißt für mich, teilnehmen am Leben für uns alle. Für ein selbstbestimmtes Leben ist noch viel zu tun, gerade beim Bau unserer Umgebung.
– Grundsätzlich bedeutet für mich Inklusion, glaube ich, dass jeder egal, wie er aussieht, was für eine Farbe er hat, was für eine Beeinträchtigung er hat, er am Leben teilnehmen kann. Ich bin Susanne Feldmann und lebe seit 34 Jahren mit Cristian zusammen. Und was ich mir wünsche, vor allen Dingen, weil ich es an mir selber gemerkt habe, vielleicht, dass man auch beigebracht bekommt in der Schule, ich weiß nicht wo, wie, dass man einen Umgang mit Leuten, die andere Sachen machen, anders reden, nicht reden, komisch sitzen für uns, nicht sitzen, laufen, liegen, was nicht können, den Umgang damit zu lernen, und nicht betreten wegzugucken und so zu tun, als seien sie alle nicht Teil von uns.
Das wünsche ich mir, das kann ich auch nicht gut. Ja, das war’s schon.
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Ottmar Miles-Paul:
60 Sekunden für Inklusion – was für eine gute Idee. Und ich glaube, Inklusion kann man auch schnell erklären. Es geht darum um die Menschenrechte, die Menschenrechte für alle, dass wir überall dabei sein können, gleichberechtigt und mit der Unterstützung, die wir brauchen.
Inklusion passiert von Anfang an, wenn man auf die Welt kommt, bereits auch vorher schon, dass behinderte Kinder willkommen sind. Es setzt sich fort in den Kindertagesstätten, in der Schule, bei der Arbeit, im Leben, in der Gemeinde.
Und dafür müssen wir natürlich ne ganze Menge tun.
Wir brauchen die Gesetze, dass Barrierefreiheit von vornherein Standard ist. Wir brauchen Gesetze, dass die Unterstützung zu den Menschen kommt und nicht dass die Menschen in irgendwelche Sonderwelten müssen.
Und wir brauchen auch Unterstützung beim Thema Arbeit, deshalb auch der Hut für Budget für Arbeit.
Lasst uns kämpfen für Inklusion – nicht nur die 60 Sekunden, sondern lange, lange und hart und fair.
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Niko Kappel:
Ja, eine Minute für Inklusion.
Mein Statement dazu – also für mich bedeutet Inklusion, dass man gleichwertig behandelt wird, d.h. mit allen Vorteilen, aber auch mit allen Nachteilen einer Gesellschaft. Und dass jeder das machen kann, tun kann, auf was er Bock hat, und woran er Spaß hat.
Und seien wir ehrlich, meistens ist das, was Spaß macht, auch das, was man dann ganz gut kann, und was eine ganz gute Wirkung auch für die Gesellschaft hat.
Deswegen ist meine Message für eine gelungene Inklusion in der Gesellschaft, dass man aufeinander zugeht, möglichst ohne Vorurteile, dass man offen miteinander spricht, ehrlich miteinander spricht. Man darf alles fragen, alles ist erlaubt, solange es respektvoll und auf Augenhöhe ist. Und dann bin ich mir sicher, dann wachsen wir fester zusammen, und irgendwann spielt es überhaupt keine Rolle mehr, ob Rollstuhl, kleinwüchsig, was auch immer. Und genau da müssen wir hin.
Und wie gesagt, wichtigste Message – mit allen Vorteilen, aber auch mit allen Nachteilen.
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Christian Bayerlein:
Inklusion ist ein grundlegendes Menschenrecht. Es beschreibt, dass Menschen, alle Menschen, egal welche Hautfarbe sie haben, welche Geschlechtsorientierung sie haben, welche sexuellen Vorlieben sie haben, und auch wie der Körper und der Geist aufgebaut sind, ob man eine Behinderung hat oder nicht, gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können. Und zwar in allen Lebensbereichen, von Arbeit, Freizeit, Kinderwunsch. Alles ist so aufgebaut, dass jeder gleichberechtigt alles tun kann und sich frei entfalten kann.
Das ist besonders wichtig für behinderte Menschen, weil sie stoßen oft auf Barrieren oder Hindernisse, die das effektiv verhindern.
Dabei geht es weniger um nicht vorhandene Toleranz oder Akzeptanz, sondern darum, dass die behinderten Menschen Unterstützung benötigen, um das wirklich ausleben zu können. Z.B. persönliche Assistenz, damit sie nicht in ein Heim kommen können, damit die Wohnsituation, die Lebenssituation analog ist zu dem, wie jeder andere Mensch lebt. Zuhause, in den eigenen vier Wänden, mit dem eigenen Freundeskreis, auf der eigenen Arbeitsstelle.
Das ist in diesen Zeiten besonders schwierig geworden. In den Corona-Zeiten hat sich herauskristallisiert, wie wichtig es ist,
im eigenen Leben zu stehen und nicht z.B. in ein Heim abgeschoben zu werden, wo die Risiken wesentlich höher sind für die Gesundheit, Leib und Leben.
Das Gesetzesvorhaben IPReG, was jetzt glücklicherweise etwas abgeschwächt worden ist, zeigt, dass diese Idee, dass jeder Mensch zuhause in der eigenen Wohnung, so wie er leben möchte, leben kann, immer noch vor mentalen Barrieren in den Köpfen steht, und Kostenvorbehalte dasRegierungshandeln bestimmen.
Dagegen muss gekämpft werden. Und wir müssen für unsere Freiheits- und Menschenrechte einstehen.
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Matthias Rösch:
Hallo INKLUSIVA.digital, ich bin Matthias Rösch, der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen in Rheinland-Pfalz. Für mich bedeutet Inklusion, dass ich selbstbestimmt leben kann in meiner eigenen Wohnung, mit der persönlichen Assistenz, die ich brauche, dass ich unterwegs sein, mobil sein kann mit Bus und Bahn oder mit Auto oder mit Handbike.
Dass ich im Beruf ganz selbstverständlich eingebunden bin, zu Kulturangeboten, Konzert, Theater gehen kann, Sport im Allgemeinen, Hochschulsport machen kann, dass ich ein Studium gemacht haben konnte, hier an der Universität und auf eine Schule zusammen mit Behinderten und Nicht-Behinderten gehen konnte. Das bedeutet für mich ganz persönlich Inklusion, Selbstbestimmung, es ist Freiheit eben, wie es für andere Menschen eben auch bedeutet.
In der Zeit jetzt mit Corona haben wir gemerkt, dass Menschen mit Behinderung nicht so sehr mitgedacht werden, dass sie auch teilweise noch stärker eingegrenzt wurden in ihren Grundrechten, in den Einrichtungen, in den Wohnangeboten. Dass nicht darauf geachtet wurde, was sind besondere Bedarfe von Menschen mit Behinderung, wenn sie blind oder sehbehindert oder hörbehindert sind, was Maskenpflicht, Abstände bedeuten.
Dass man da Rücksicht nimmt und aufeinander zugeht. Es gab aber auch gute Erfahrungen in Netzwerken, Unterstützungsmöglichkeiten, aber dennoch bis hin zur Diskussion um die Triage, also wer bekommt medizinische Versorgung, intensivmedizinische Versorgung und der Risikogruppe, und ob die nicht isoliert werden soll, da hat man gemerkt, dass Menschen mit Behinderung noch nicht der selbstverständliche Teil mitten in unserer Gesellschaft sind. Und deswegen glaube ich, ist unser Auftrag für Inklusion und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gerade vor dem, was wir aus der Corona-Pandemie gelernt haben, wirklich raus aus den Sonderwelten für Menschen mit Behinderung in den Wohnheimen, Wohnangeboten für Menschen mit Behinderung, bei den Werkstätten, bei den Förderschulen, ins richtige Leben, dass wirklich „Leben wie alle, mittendrin von Anfang an“ auch umgesetzt und möglich gemacht wird, dass wir in der Politik dafür die Rahmenbedingungen schaffen, gemeinsam aber gesamtgesellschaftlich das als Aufgabe gesehen wird und auch die Angebote mit Empowerment für die Menschen mit Behinderung, mit Beratung und Unterstützung umgesetzt werden.
So kommen wir zu einer inklusiven Gesellschaft. Da haben wir noch ne Menge zu tun, aber ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.
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Cindy Klink:
Inklusion bedeutet, dass wir in einer Welt leben, in der es keine Integration gibt, sondern dass alle Menschen gleichgestellt leben können.
Inklusion ist wichtig, um anderen Menschen zu zeigen, dass Anderssein nicht schlecht ist. Anderssein ist gut, weil Anderssein braucht eben die Welt.
Eine inklusive Gesellschaft müsste so sein, wie ich das vorher erzählt habe. Jeder Mensch kann gleichberechtigt leben, und kein Mensch muss integriert werden.
Na ja, wir haben als Kind früher immer Mutter-Vater-Kind gespielt. Das Idealbild war eben: Mutter, Vater, Kind.
Wenn man eine Behinderung hat, wird dem Idealbild einfach nicht entsprochen. Wenn jemand eine Behinderung hat oder eine andere Hautfarbe, war das für uns anders. Das ist bis jetzt immer noch da.
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Maurice Bessling:
Hi, ich bin Maurice, ich bin Student an der Johannes-Gutenberg-Universität und ich nehme mir eine Minute Zeit für Inklusion.
– Was ist denn Inklusion für dich?
– Inklusion ist für mich die Möglichkeit, dass jeder an allem teilnehmen kann, was er möchte, sei es ob er Handball spielen möchte, sei es ob er Autofahren möchte, sei es ob er in den Hockeyverein möchte. Er kann überall daran teilnehmen.
– Und warum ist Inklusion wichtig?
– Inklusion ist einfach wichtig, weil es einfach eine grundlegende Sache für jeden sein sollte. Für mich, für dich, für euch alle, einfach für uns alle in der Gesellschaft. Deswegen ist Inklusion wichtig. Dass wir eine Möglichkeit haben, an allem teilzuhaben, was wir möchten.
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Raul Krauthausen:
Inklusion bedeutet für mich, um es mit dem Kinderpsychiater Fred Ziebarth zu sagen, die Annahme und die Bewältigung von menschlicher Vielfalt, die uns alle mit einschließt. Niemand hat gesagt, dass Inklusion ein Ponyhof ist oder Regenbogenland. Natürlich gibt es mit Inklusion auch immer Reibung und Auseinandersetzungen mit Vielfalt, aber das macht unsere Gesellschaft auch gleichzeitig lebenswert und spannend. Wir müssen aktuell die Frage stellen, wer überhaupt das Recht darauf hat, zu beurteilen, welches Kind an welcher Schule beschult werden darf. Und es sind, so viel kann ich verraten, bei weitem nicht die Eltern nicht behinderter Kinder, die das entscheiden dürfen, noch die Lehrer*innen, die das entscheiden dürfen. Denn laut Schulgesetz ist immer die Schule die beste, die in der Nähe der Kinder ist. Und nicht die, die am besten ausgestattet ist.
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Markus Igel:
Inklusion bedeutet für mich die Akzeptanz von Vielfalt und ähm, dass jeder so genommen werden muss, wie er ist und mit dem Bedarf, den er braucht.
Und – dass jeder so leben kann, wie er für sich sein Lebenskonzept vorgesehen hat. Und – was ich ein bisschen traurig finde, dass grade wir Menschen mit Behinderung im 11. Jahr seit Inkrafttreten der UN-BRK immer wieder vor Gerichte ziehen müssen, unser Recht auf Inklusion durchsetzen müssen und eigentlich werden wir oft als Kostenfaktor gesehen. Aber die Bereicherung, die wir in die Gesellschaft bringen können, wird einfach nicht gesehen, oder wird selten gesehen, zumindest bei den Entscheidungsträgern. Und es ist schade, dass Menschen wie ich über sechs Jahre vor Gerichte ziehen müssen und zweimal vors Bundesverfassungsgericht gehen müssen, und – ja – wir müssen aber erreichen, dass z.B. das Recht auf Assistenz selbstverständlicher werden muss.
Weil wann ich ins Bett gehe, das ist für jeden Sachbearbeiter selbstverständlich. Wer mich pflegt, dass ich das selbst entscheiden kann, und wie ich gepflegt werde, das ist einfach für jeden Menschen individuell und dieses Recht muss uns einfach zustehen.
Und diese Umsetzung dieser Rechte, die Umsetzung von Artikel 19 UN-Behindertenrechtskonvention, das Recht, wo und mit wem ich leben will, auch ausüben zu können, das bedeutet mir ganz viel. Und das bedeutet für mich Inklusion. Ciao.
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Stephanie Krause:
Inklusion heißt Teilhabe, heißt Teilgabe, heißt gelebtes Miteinander.
In dem Projekt „Sensibilisieren, Begleiten und Qualifizieren: Freiwilligenagenturen als Anlauf- und Netzwerkstellen für Engagement weiterentwickeln“ haben wir uns ganz bewusst mit dem Engagement von Menschen mit Behinderung beschäftigt.
Dabei zeigt der Titel schon, dass wir uns auch nicht immer sklavisch an die leichte Sprache gehalten haben. Aber das wurde im dauerhaften Prozess ein wenig einfacher.
Inklusion heißt Öffnen und ganz besonders kann dieses im Engagement gelingen. Und wir haben viele gute Beispiele kennengelernt, wo Menschen sich eingebracht haben, teilgehabt haben, aber auch etwas gegeben haben. Denn das ermöglicht das Engagement wie kaum ein anderes Feld, dass Menschen mit ihren Potenzialen und Wünschen die Chance haben, selbstwirksam tätig zu sein.
Aber wir haben auch gelernt, dass es noch ein langer Prozess ist, bis man wirklich in einer inklusiven Gesellschaft lebt und wir hoffen, dass wir diesen Prozess ein Stück weit begleiten können.
Stephanie Krause, lagfa NRW
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Karl-Friedrich Ernst:
Mein Name ist Karl-Friedrich Ernst. Als Leiter des Integrationsamts Baden-Württemberg ist mir natürlich die Inklusion in das Arbeitsleben ganz besonders wichtig. Jeder von uns weiß, Arbeit dient nicht nur zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern es gibt uns Selbstbewusstsein, es gibt uns das Gefühl, gebraucht zu werden, es strukturiert unseren Tag. Und ganz besonders gilt das natürlich auch für Menschen mit Behinderung.
Wir sind in den letzten Jahren weitergekommen in diesem Thema, allerdings noch nicht so, dass wir damit zufrieden sein könnten. Es ist allerdings viel geschehen, insbesondere ist der Unterschied zwischen Werkstatt und allgemeinem Arbeitsmarkt kleiner geworden. Wir haben mehr Übergänge, wir haben mehr Zwischenformen. Wir haben neue Instrumente, ich nenne nur die Integrationsfachdienste oder die Integrationsbetriebe, Inklusionsbetriebe, wie sie heute heißen. Ich nenne den Rechtsanspruch auf eine Arbeitsassistenz.
Aber wie gesagt, nichts, damit wir uns zurücklehnen können, sondern wir müssen weiterkommen, und dazu brauchen wir die Arbeitgeber. Deshalb mein Appell an die Arbeitgeber, sich offen gegenüber Menschen mit Behinderung zu zeigen.
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Oliver Straub:
Hi, mein Name ist Oliver. Ich bin 37 Jahre alt, seit 16 Jahren vom Hals ab querschnittgelähmt und lebe seit 11 Jahren mit persönlicher Assistenz im eigenen Zuhause.
Die persönliche Assistenz ermöglicht mir, dass ich ein weitgehend selbstbestimmtes und selbständiges Leben führen kann. Dass ich arbeiten gehen kann, in den Urlaub fahren kann, dass ich mich als Person selbst verwirklichen kann, und somit ein inklusives Leben in der Gesellschaft lebe.
Doch leider ist es nicht für alle möglich, so wie ich teilhaben zu können. Und für eine inklusivere Gesellschaft, finde ich, ist es notwendig, dass Sonderwelten abgebaut werden. Und da finde ich vor allem die Sonderschulen. Denn es ist notwendig, die Barrieren in den Köpfen abzubauen, und da müssen wir bei den Kindern anfangen. Deshalb sollten Kinder mit einer Behinderung mit anderen Kindern ohne Behinderung zusammen aufwachsen können, zusammen lernen können, zusammen spielen können. Und somit haben wir wirklich eine reelle Chance, um eine inklusivere Gesellschaft gestalten zu können.
Deshalb sage ich: Baut die Sonderschulen ab für eine inklusive Gesellschaft.
Das war mein Statement zur Inklusion. Ciao.
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Maren Grübnau:
Ich bin Maren Grübnau. Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Dortmund an der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften.
Für mich als Wissenschaftlerin ist Inklusion ein vielschichtiger Begriff, der je nach Handlungsfeld, ob Politik, Wissenschaft oder Praxis unterschiedlich ausgelegt und interpretiert werden kann. Die UN-Behindertenrechtskonvention bietet uns daher eine wertebasierende Orientierung. Für mich zeichnet sich eine inklusive Gesellschaft dadurch aus, dass die acht Grundprinzipien in Artikel 3 beachtet, respektiert, akzeptiert und umgesetzt werden.
Dazu zählen unter anderem die Akzeptanz von Behinderung als Teil gesellschaftlicher Vielfalt, die Selbstbestimmung und Autonomie von Menschen mit Behinderung und die volle Partizipation. In Krisenzeiten wie aktuell Corona werden die Stärken und Schwächen einer inklusiven Gesellschaft sichtbar, wie dies am Beispiel Fußball deutlich wird.
Die Debatten über die Teilöffnung der Stadien werden ausschließlich aus dem Blick der Mehrheitsgesellschaft geführt. Die Sorgen und Ängste, die die Fußballfans mit Behinderung mitbringen hinsichtlich der Triage, einer Vertiefung der sozialen Isolation und die Sorge darüber, nicht bedarfsgerecht durch Assistenz versorgt zu werden bei einem weiteren Lockdown, diese werden nicht ernstgenommen. Daher frage ich mich: Leben wir wirklich in einer inklusiven Gesellschaft oder in einer Gesellschaft, die sich gegenüber Menschen mit Behinderung paternalistisch verhält?
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Cindy Daví:
Hallo, mein Name ist Cindy Daví vom ZsL und der EUTB Bad Kreuznach.
Für mich bedeutet Inklusion, wenn es allen klar ist, dass Menschen mit Beeinträchtigung nicht nur über Erfahrungswissen verfügen sondern auch über Fachwissen und wenn alle Menschen die Möglichkeit haben, eine Ausbildung, auch eine akademische Ausbildung zu machen.
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Samuel Koch:
Kinos, Theater und viele weitere öffentliche Einrichtungen, die manche Menschengruppen immer noch nicht besuchen dürfen. Eingeschränkte Kinder und Jugendliche, die nicht nur von ihren Mitschülern gemobbt werden. Menschen, die anderen Menschen Hilfe verwehren, weil sie nicht versichert sind oder weil Helfen nicht in ihrem Arbeitsvertrag steht.
Solche exklusiven Listen kann man leider heute immer noch beliebig erweitern.
Meine Vision von Inklusion wäre, dass sie so selbstverständlich wird, dass man nicht mehr drüber spricht.